Handwerker ohne
Grenzen – ein Vorhaben
mit Perspektive
Auf der Basis von privatwirtschaftlichem Engagement: Deutsche und französische Handwerker*innen
kooperieren in der Entwicklungsarbeit, um die Qualifizierung lokaler afrikanischer Fachkräfte
nachhaltig zu verbessern.
Wissen vermitteln durch Zusammenarbeit:
Angefordert von Projektträgern vor Ort und mitorganisiert von lokalen Handwerksorganisationen, kommen die deutschen und französischen Handwerker ohne Grenzen direkt in die Betriebe und Ausbildungsstätten. Ihre Einsätze sind vielfältig und am jeweiligen Bedarf ausgerichtet – vom Training für den 3D-Druck in einem Zentrum für Existenzgründer bis zum praktischen Grundlagenkurs im Mauerwerksbau für Ausbildende oder der Unterstützung beim Umsetzen von Sozialstandards in Betrieben.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit setzt bereits verstärkt auf das Handwerk, um in den Zielländern Ausbildung und Beschäftigung zu fördern. Doch bisher war es für Projektleiter*innen vor Ort schwierig, entsprechend qualifizierte Handwerker*innen zu finden: Es fehlte an einer Vermittlungsstelle.
Unser konkreter Ansatz:
Das Vorhaben Handwerker ohne Grenzen umfasst diese beiden wichtige Maßnahmen:
1. Qualifikation für den Auslandseinsatz
Unser Fortbildungsangebot wendet sich an interessierte deutsche und französische Handwerker*innen – sie absolvieren berufsbegleitend einen zehnmonatigen Kurs mit dem Abschluss Internationaler Meister (m/w/d) in Deutschland beziehungsweise Agir en accompagnement de projets de Coopération Internationale (AAPCI) in Frankreich. In Deutschland gibt es außerdem das Zusatzmodul Equipe francophone.
Durch die Fortbildung sind die Teilnehmer*innen qualifiziert für Einsätze in den Zielländern und können dort ihr Wissen vermitteln: In Zusammenarbeit mit lokalen Handwerksorganisationen agieren sie direkt mit den Handwerker*innen vor Ort, situationsgerecht, praxisorientiert und auf Augenhöhe.
2. Plattform für Kompetenzen
Die fortgebildeten Fachkräfte nehmen wir in unseren Experten-Pool auf – dort sind sie nach Gewerken und Kompetenzen aufgelistet und können von interessierten Projektträgern für passende Einsätze ausgewählt werden.
Wir, die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main und die CMA Nouvelle-Aquitaine, fungieren dabei als Mittler: Wir kennen die Personen hinter den anonymisierten Daten aus dem Experten-Pool und bringen Angebot und Nachfrage zusammen.
Hintergrund Entwicklungszusammenarbeit und Marshallplan mit Afrika
Der Großteil der Weltbevölkerung lebt in Entwicklungsländern, häufig in absoluter Armut. Mit ihrer Entwicklungspolitik will die deutsche Bundesregierung dazu beitragen, soziale und gerechte Entwicklungen in diesen Ländern voranzubringen und die Lebensverhältnisse dauerhaft zu verbessern. Leitlinien der Bundesregierung sind dabei die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Die entwicklungspolitischen Schwerpunkte liegen – neben der Armutsbekämpfung und humanitären Hilfe – auf Bildung und sozialer Gerechtigkeit, fairen Bedingungen auf den Weltmärkten, Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und Einkommenssicherung.
Im Rahmen des „Marshallplan mit Afrika“ von 2017 ging das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz BMZ, „Reformpartnerschaften“ mit besonders reformbereiten Ländern ein – Äthiopien, Côte d’Ivoire, Ghana, Marokko, Senegal und Tunesien –, um gemeinsam die strukturellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliches Engagement zu verbessern. Ziel ist die Beschäftigungsförderung Jugendlicher unter dem Ansatz, dass hauptsächlich die Privatwirtschaft Arbeitsplätze vor Ort schafft. Als Teil des Marshallplans richtete das BMZ Anfang 2019 die „Sonderinitiative Ausbildung und Beschäftigung“ ein, die aktuell in den sechs Reformpartnerländern sowie Ägypten und Ruanda durchgeführt wird. Zu den geförderten Maßnahmen gehören auch die berufliche Bildung sowie die Einrichtung von Kammer-, Verbands- und Berufsbildungs-Partnerschaften. Umgesetzt werden die Maßnahmen durch KfW, GIZ, DAAD, PTB, europäische Unternehmen, sequa sowie die Zivilgesellschaft, für die Fachkräfte aus dem Handwerk gesucht werden und die mit einer Qualifizierung für internationale Einsätze nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
Das Handwerk und dabei insbesondere die Handwerksorganisationen engagieren sich seit Jahrzehnten in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und sind in diesem Rahmen ein zunehmend gefragter Partner. Im Vordergrund stehen Partnerschaftsprojekte des BMZ, die der beruflichen Qualifizierung sowie der Unterstützung von Kammern und Verbänden in den Partnerländern dienen. Im Inland engagiert sich das Handwerk unter anderem bei der beruflichen Qualifizierung von Flüchtlingen für deren spätere Rückkehr in die Heimatländer. Die Bekämpfung der Ursachen von Flucht und Migration ist zu einer der wichtigsten politischen Aufgaben in Europa geworden.
Eine Idee mit Zukunft:
Durchgeführt wird das Vorhaben von der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, kurz HWK FRM, dem französischen Pendant Chambre de Métiers et de l’Artisanat de Nouvelle-Aquitaine, kurz CMA NA, und Chambre de Métiers et de l’Artisanat France, kurz CMA France (Dachverband der Französischen Handwerkskammern). Weitere politische Partner sind der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Conseil Régional de Nouvelle-Aquitaine und das Land Hessen. In Kooperation mit der sequa gGmbH als Programmverwalter wird das Vorhaben vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert.
Dass es sich hier um ein deutsch-französisches Partner-Projekt handelt, bringt Vorteile auf allen Seiten: Angefangen bei der Verständigung mit den französisch sprechenden Handwerkern in den Zielländern bis zur Erfahrung für die Experten selbst, wenn sie vor Ort im deutsch-französischen Tandem-Team arbeiten.
Unsere Vision ist es, weitere europäische Länder an Bord zu holen und das Netzwerk der Handwerker ohne Grenzen immer größer werden zu lassen – so dass sich künftig Handwerker weltweit gegenseitig unterstützen können. Um auf diesem Weg international Chancengleichheit zu erhöhen und die Welt gemeinsam ein bisschen besser zu machen.
Mehr zur deutsch-französischen Kooperation
Die deutsche und die französische Entwicklungszusammenarbeit (EZ) suchen den Schulterschluss mit dem Handwerk und seinen spezifischen Stärken in der Ausbildung von Fachkräften sowie seinen Kompetenzen in entwicklungspolitisch relevanten Sektoren. Die Potenziale aus beiden Ländern müssen aus Sicht des Marshallplans für Afrika dort eingesetzt werden, wo afrikanische Reformländer trotz ihrer sichtbaren Fortschritte im politischen, administrativen und weiteren Bereichen noch mit zahlreichen entwicklungshemmenden Problemen konfrontiert sind, von denen das niedrige Qualifikationsniveau ihrer Arbeiterschaft und der damit verbundene Fachkräftemangel zu den Haupthindernissen für mehr ausländische Investitionen und wirtschaftliche Entwicklung gehören.
Handwerker ohne Grenzen ist ein sehr relevanter Beitrag zur Verringerung dieses Fachkräftemangels. Ziel des Vorhabens ist der Einsatz dieser fortgebildeten Handwerker in bestehenden Projekten der deutschen und französischen EZ vornehmlich in Ländern, in denen bereits in der Vergangenheit ein Fundament durch Beiträge der Kammerentwicklung geschaffen wurde, nicht notwendigerweise nur in den definierten vier Partnerländern und mit den lokalen Partnern des Vorhabens vor Ort.
Mit Ausnahme von Ghana und Äthiopien sind alle afrikanischen Reformstaaten der Sonderinitiative im frankophonen Afrika verortet. Deshalb haben nationale Programme aus Deutschland Schwierigkeiten, qualifizierte Handwerker in entsprechend benötigter Anzahl zu finden (Engpassfaktor französische Sprachkenntnisse in der deutschen EZ allgemein). Die Vorteile des Einbezugs EZ-erfahrener französischer Handwerkskräfte in gemischte Teams werden so deutlich und schnell sichtbar. Dazu kommt, dass das afrikanische Handwerk als Zielgruppe und Leistungsempfänger im französisch geprägten Ausbildungssystem sozialisiert worden ist und damit für deutsche Handwerksmeister Verständnisschwierigkeiten mitbringt und zunächst weniger zugänglich ist.
Thematisch entspricht das Vorhaben ebenfalls den Prioritäten der französischen Entwicklungszusammenarbeit. Im Rahmen seines prioritären Handlungsfelds „Bildung“ will Frankreich unter anderem durch Berufsorientierung, Ausbildung, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Wertschöpfungsketten und Partnerschaften mit der Wirtschaft die Integration von jungen Menschen in den Arbeitsmarkt unterstützen. Das ermöglicht zahlreiche Anknüpfungspunkte an französische Entwicklungsmaßnahmen, in die die fortgebildeten Handwerker*innen – neben den deutschen EZ-Maßnahmen – integriert werden können.
Das Vorhaben basiert auf dem privatwirtschaftlichen Engagement von Handwerkskammern in Deutschland und Frankreich und kooperiert in Afrika mit Handwerksorganisationen. Die Fortbildung zum Handwerker ohne Grenzen – kurz HoG – qualifiziert Handwerker*innen für die Übermittlung von Kompetenzen in Entwicklungsländern. Es wird ein Pool von Fachkräften aufgebaut, die praxis- und zielgruppennah arbeiten. Gleichzeitig unterstützt das Vorhaben den Strukturaufbau von Partnerorganisationen des Handwerks in den ausgewählten Ländern, unterstützt die deutsch-französische Zusammenarbeit und fördert das Engagement der Zivilgesellschaft in der EZ.
Unsere Pilotländer in Afrika:

In Afrika arbeiten wir in der Pilotphase zunächst mit vier Ländern zusammen: Madagaskar, Senegal, Togo und Tunesien.
Diese Partnerländer wurden aus mehreren möglichen Ländern ausgewählt – unter folgenden Kriterien:
- Länder der Reformpartnerschaften im Rahmen des Marshallplans mit Afrika und der Sonderinitiative Ausbildung und Beschäftigung (Senegal, Tunesien)
- Länder in Subsahara-Afrika, mit denen gute Kontakte der französischen bzw. deutschen Partner bestehen (Madagaskar, Senegal, Togo)
- Least Developed Countries (Madagaskar, Senegal, Togo)
- Zugehörigkeit zum französischen Sprachraum (alle)
Die Auswahl des frankophonen Afrikas ist einerseits eine Referenz an die Partnerschaft mit Frankreich, andererseits trägt das Vorhaben direkt zur Verringerung des kritischen Mangels an qualifizierten Fachkräften mit Französischkenntnissen bei.
Erfahrungsberichte aus erster Hand:
Stärkung der europäischen Dynamik: 1. Treffen der Partner in dieser neuen Projektphase
Unser deutsch-französisches Projekt „Handwerker ohne Grenzen“ ging im März 2023 mit weiteren Partnern aus Polen und Italien in die nächste Phase. … Mehr Lesen >>
Französische Fortbildung 2APCI erfolgreich gestartet
An den 6. und 7. Mai ging in Bordeaux die Fortbildung „Agir en accompagnement de projets de coopération internationale“ (2APCI) an den Start. In Vorbereitung auf die zukünftigen gemeinsamen Einsätze kamen die deutschen Handwerker ohne Grenzen nach Bordeaux dazu. … Mehr Lesen >>
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